Die Rheinpfalz, 10.12.2008

Rechtsextreme: „Es brodelt weiter unter der Decke"

Kandel. Die Schüler der Regionalen Schule Kandel sind tolerant, offen und wissbegierig. Die Positivliste war lang. Aufgestellt wurde sie von den Betreuern von vier Arbeitskreisen. Die fanden gestern statt. Anlass war eine Veranstaltung zum Thema „Jugendkultur und Rechtsextremismus", angeboten von der Bundestagsfraktion der Grünen. An einem Runden Tisch wurden am Nachmittag die Erfahrungen ausgewertet.

Die Arbeitskreise wurden nicht von Bundestagsabgeordneten geleitet, sondern von Profis des Archivs der Jugendkulturen. Themen waren Street- und Breakdance, „The Dark Side of Rock" (Gothic, Emo, Hardcore), Skateboard und Graffiti. Jeder Arbeitskreis bestand aus einem praktischen Teil und einem Abschnitt für politische Bildung. Alle Gruppenleiter waren von den Schülern begeistert. Von Rassismus oder Homophobie keine Spur, Gewalt und Rechtsextremismus werden abgelehnt. Negativ angemerkt wurde allenfalls, dass etliche Schüler bei Rechtsextremen nur an Skinheads mit Glatzen und Springerstiefeln denken und damit einen großen Teil des rechtsextremen Spektrums ausblenden.

Allerdings: Vor Kandel waren die Gruppenleiter fast ausschließlich in den neuen Bundesländern unterwegs. Und Bürgermeister Günther Tielebörger merkte an: „Wir sind offensichtlich nicht so betroffen. Aber das ist vielleicht nur scheinbar so." Er erinnerte daran, dass die Rechtsextremen in Kandel auch schon mit Fußballspielen in Wissembourg geworben haben: „Dann wird man eingeladen nach Karlsruhe und dann ist man in so einem Kreis, in dem man sich wohl fühlt", beschrieb Tielebörger, wie Rechtsextreme in Kandel in der Vergangenheit ihren Nachwuchs rekrutierten. Dazu gehörten auch Trinkgelage auf Spielplätzen mit „Mutproben": Wer zuerst eine leere Flasche gegen eine Hauswand wirft. Tielebörger rät zur Wachsamkeit: „Wir wissen, dass es permanent unter einer gewissen Decke brodelt und wir müssen aufpassen."

Mirco Leingang vom „Beratungsknoten Südpfalz" sagte über die Rechtsextremen in der Südpfalz: „Es gibt sie, aber noch lange nicht so stark wie in den neuen Bundesländern." (lap)

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