Wochenspiegel vom 11.09.2007

Gemeinsam gegen Rechts

Gonzerath. Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar machte auf ihrer Infotour durch die westdeutschen Bundesländer auch Halt im Hunsrückort Gonzerath. Unvergessen ist dort der Auftritt der rechtsextremen NPD im Februar. Zusammen mit Monika Lazar blickten die Gonzerather zurück und in die Zukunft.
In der Hunsrückgemeinde Gonzerath ist Ruhe eingekehrt. Im Einkaufsmarkt um die Ecke gibt es Croissants und Herbstpflanzen. Die Frau von nebenan hat Zeit für ein Schwätzchen. Kaum ein Auto passiert die Hauptstraße. Idylle. Das war nicht immer so. Noch vor wenigen Monaten prangte an der gläsernen Fassade des Einkaufs-zentrums ein Plakat. Nein. Nicht irgendein Sonderangebot. Im Februar zeigten die Einwohner Gonzeraths Zivilcourage. Gegen Rechts.

In Gonzerath Foto: A. Öttl

Über Nacht war Gonzerath in aller Munde. Unfreiwillig. Die 1200-Einwohner-Gemeinde sorgte bundesweit für Schlagzeilen, nachdem die alte Schule in der NPD einen neuen Mieter fand. Die Rechtsextremisten wollten in dem Gebäude ein „Schulungszentrum Schinderhannes“ einrichten. Dabei hatten sie aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
„Die Vereine im Ort schlossen sich spontan zusammen. So waren wir stark gegen die Rechten“, erzählt Judith Linn, von der Bürgerinitiative (BI) Gonzerath. Ortsvorsteher Dietmar Thömmes gesteht auch ohnmächtige Wut angesichts der aufmarschierenden rechten Szene im Ort: „Die verhielten sich wie die Herrscher über das Dorf.“
Deshalb wollten die Dorfeinwohner den Spieß umdrehen. Kurzerhand gründeten sie eine Bürgerinitiative und nahmen den Kampf gegen Rechts und Fremdenfeindlichkeit auf.
Entschlossen stellte die BI einen „Nazi-Postkasten“ im Dorfzentrum auf, um dort demonstrativ „rechte“ Handzettel zu entsorgen. Außerdem brachten sie gegenüber der alten Schule einen riesigen Kalender an, um den Rechtsextremisten jeden Tag ihren baldigen Auszug aus der Schule vor Augen zu halten. Mit Plakaten bestückt zogen zudem etwa 2000 engagierte Menschen vor die Gonzerather Dorfschule und protestierten lautstark. Dass die NPD schließlich abzog – sicherlich ein Verdienst der Gonzerather. Sie hätten die Zeichen erkannt und richtig gehandelt, so Monika Lazar. Das hebt auch Jutta Blatzheim-Roegler, Vorsitzende des grünen Kreisverbands hervor: Es ist wichtig, dass es Menschen gibt, die Aufstehen und sagen ,So geht es nicht`. Die BI Gonzerath will den Rechten auch weiterhin die Stirn bieten: „Wenn Hilfe gebraucht wird, sind wir da“, sagt Judith Linn.
Die NPD zu verbieten, sei ein strittiges Thema, betont Monika Lazar: „ Durch ein Verbot ist das Problem nicht gelöst. Die Menschen hinter der NPD sind ja noch da“. (aöt)

 

Quelle: http://www.wochenspiegellive.de

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