TLZ, 15.11.06

Jetzt ist Eile geboten - Kommunen profitieren vom Bundesprogramm, wenn sie gute Ideen haben

Von Rita Specht

Eisenach. (ep) Deutschlands Altbundeskanzler Helmut Schmidt warnt in diesen Tagen vor einer innenpolitischen Tragödie, wenn es nicht gelingt, genug Arbeitsplätze zu schaffen. Genauer wird er nicht. Dass Arbeitslosigkeit immer auch den Nährboden für Rechtsextremismus bildet, ist unumstritten. Was getan werden muss in arbeitsarmen Zeiten gegen eine erstarkende NPD, die in Eisenach beispielsweise androht, die Stadt erobern zu wollen, darüber informierte am Montag Monika Lazar, Sprecherin der Bundestagsfraktion B 90/Die Grünen für Strategien gegen Rechtsextremismus .

Dass sie als Grüne für ein Programm der schwarz-roten Bundesregierung durch das Land tingelt, sei der Verantwortung für die Sache geschuldet, erläuterte sie in der Gedenkstätte Goldener Löwe interessierten Zuhörern. Vertreten waren Schul- und Jugendamt der Stadt, die IG Metall, das Diakonissenmutterhaus, die Naturfreunde, das Frauenhaus, die Polizei schickte ihre Präventionsbeamtin, die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte war da, die Vorsitzende des Ausländerbeirates und Vertreter von FDP, SPD, B 90/Die Grünen und der PDS. Wuthas Bürgermeister Torsten Gieß saß als einziger auswärtiger Chef einer Kommune mit am Tisch. Vor der Gesprächsrunde im Löwen hatte Monika Lazar bereits Mitglieder von Eisenacher Vereinen unterrichtet. Worum geht es?

16 Millionen Euro

Der Bund stellt ab 2007 das präventiv-pädagogische Programm Maßnahmen zu Vielfalt, Toleranz und Demokratie auf. Dafür fallen die Programme Civitas und entimon weg. Neu ist: Wer sich mittels einer lokalen Initiative gegen Rechtsextremismus über das Programm engagieren will, muss die Kommune als Antragsteller gewinnen. Aktionsprogramme dürfen auch nur von Gemeinden beantragt werden, die mindestens 10000 Einwohner haben. Für Torsten Gieß aus Wutha-Farnroda würde das bedeuten, dass er sich Verbündete in Eisenach suchen muss.

Für die sogenannten lokalen Aktionspläne liegen pro Plan 10 Millionen Euro bereit. Ein Aktionsplan darf maximal 100000 Euro kosten, er kann aus maximal fünf Einzelprojekten bestehen, für die je 20000 Euro bereitstehen. Kommunen, die einen Aktionsplan bewilligt bekommen, müssen Personal und Sachmittel cofinanzieren. Der Weg bis zur Bewilligung ist nicht leicht - er wird von einem Ranking begleitet - die Projekte sollen konkurrieren, deswegen müssen sie gut sein. Pferdefuß: Sie müssen bis spätestens Dezember fertig sein. Dann beginnt ein sehr langes Procedere der Auswahl, bis wahrscheinlich im März 2007 durch das Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend die Endauswahl getroffen wird - frühestens im Mai 2007 können die Aktionspläne dann wirksam werden.

Zu den 10 Millionen Euro bewilligt der Bund noch einmal etwa 6 Millionen für Modellprojekte. Hierfür können sich Freie Träger bewerben, aber eben nur mit als modellhaft eingestuften Projekten und dem Wissen darum, dass der Bund ein Drittel Geld gibt und der Rest gegenfinanziert werden muss.

Die Zeit eilt bis zur Antragstellung. Monika Lazar empfahl schnelles Agieren. Dafür sei mit dem Bündnis gegen Rechts in Eisenach bereits eine gute Basis gegeben. Dass sich Oberbürgermeister Matthias Doht (SPD) der Sache nicht verwehrt, davon geht sie aus.

Mobit zu Rate ziehen

Astrid Rothe-Beinlich, Thüringer Landessprecherin von B 90/Die Grünen, empfahl zur Projektberatung die Mobile Beratungsstelle in Thüringen für Demokratie - gegen Rechtsextremismus (Mobit) zu Rate zu ziehen. Die ist mittlerweile personell so geschröpft worden, dass sie wahrscheinlich auch im nächsten Jahr überleben wird - allerdings nur mit Bundesmitteln. Das Land Thüringen ist das einzige im Osten, das einer solchen Beratung die Co-Finanzierung versagt.

Die NPD sollte nicht erst im Thüringer Landtag sitzen bis die Landesregierung meint, dass sie etwas gegen Rechtsextremismus tun muss, kommentierte dies Astrid Rothe-Beinlich. Mobit-Berater Matthias Müller bot an, für Rat zur Seite zu stehen.

Die Thüringer Landessprecherin von B 90/Die Grünen empfahl: Wenn die Zeit für grundsätzliche Beschlüsse durch das Stadtparlament Eisenach nicht reicht, könne man ja eine Sondersitzung zum Thema machen.


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