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Backnanger Kreiszeitung, 20.04.2007
Einsatz nicht erst, wenns zu spät ist
Backnang. Wer gegen rechte Umtriebe angehen will, der muss frühzeitig vorbeugend ansetzen, nicht erst, wenn es zu spät ist. Das erklärte die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (Grüne) beim Besuch im Kreishaus der Jugendarbeit. Sie lobte die Arbeit der Einrichtung und fragte sich, warum dieser "sehr spannende Ansatz" nicht Schule macht.
VON ARMIN FECHTER
Das Besondere am Kreishaus der Jugendarbeit in Backnang ist dessen innere Struktur. Unter seinem Dach hat nicht nur der Kreisjugendring als freier Träger seinen Sitz, dort ist vielmehr auch ein Teil des Jugendamts, das Referat Jugendarbeit, angesiedelt ein Konstrukt, das landesweit einmalig ist, wie KJR-Geschäftsführer Frank Baumeister und KJR-Schatzmeister Daniel Mouratidis dem sächsischen Gast erläuterten. Das Kreishaus wiederum beherbergt eine weitere Besonderheit, nämlich die Koordinierungs- und Beratungsstelle gegen Rechtsextremismus mit Markus Klaiber. Auch sie sucht zumindest landesweit ihresgleichen. Eingerichtet wurde sie im Jahr 2000 nach einem Brandanschlag auf eine Aslybewerberunterkunft in Waiblingen. Inzwischen ist die Stelle etabliert, erklärte Klaiber, auch wenn es Diskussionen ums Aufgabenprofil gibt.
Klaibers Tätigkeit stieß bei Monika Lazar auf starkes Interesse. Die Politikerin engagiert sich seit Jahren gegen braune Umtriebe und fungiert in der GrünenFraktion als Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus. Derzeit befindet sie sich auf grüner Infotour durch Bayern und Baden-Württemberg in Sachen Rechtsextremismus. Von Klaiber ließ sie sich unter anderem über das Videoprojekt zum Film "Platzangst" informieren. Er ging aber auch auf die aktuellen Probleme mit Rechtsextremisten in Fichtenberg ein. Der Ort des Geschehens liegt zwar außerhalb des RemsMurr-Kreises. Doch halten sich die Aktivisten nicht an Orts- oder Kreisgrenzen. Ist erst einmal ein Treff für die Szene etabliert, zieht er Skins aus allen Richtungen an. Innerhalb des RemsMurr-Kreises hat sich die Lage laut Klaiber aber etwas beruhigt. Seinen Schätzungen zufolge ist derzeit von etwa 70 bis 80 gewaltbereiten Rechten auszugehen. Hinzu kommt allerdings ein Umfeld von Sympathisanten und Mitläufern in unterschiedlichen Erscheinungsformen. Dass aber die Jungen Nationaldemokraten, die im Kreis aktiv waren, ihr Betätigungsfeld in Richtung Ostalb verlegt haben, erfreut Klaiber. Vor allem wegen der Begründung, dass sie dort bessere Entfaltungsmöglichkeit hätten: "Das war ein Kompliment für uns."
Doch auch der KJR zeigt Dumpfbacken die Zähne. So berichtete Geschäftsführer Baumeister über das Bierdeckel-Projekt, bei dem Jugendliche mit ihren Entwürfen ein Zeichen für Toleranz gegenüber anderen setzten. Mit Interesse registrierte die Besucherin auch, dass sich der KJR für politische Bildung und demokratische Basisarbeit stark macht. Dazu gehört auch die Beteiligung Jugendlicher mit Migrationshintergrund. Auf ein entsprechendes Kulturprojekt machte Sibel Atasayi vom KJR aufmerksam. Ferner sondiert der Jugendring ein Vorhaben zur Kommunalwahl 2009: Ein Unterstützungssystem soll aufgebaut werden, um jungen Leuten zu helfen, damit sie auf den Listen kandidieren können. Gut laufen laut Baumeister die Vorbereitungen für das Integrationsprojekt, für das der Jugendring finanzielle Unterstützung aus Berlin erhält. Es gebe aber großen Kommunikationsbedarf. - Teilhabe von Jugendlichen an der Demokratie ist das Ziel.
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