Monika
Lazar: Büroeröffnung im Traditionshaus
geschrieben von: Ralf Julke am Mittwoch, 23. März 2005
auf www.lizzy-online.de,
Die Leipziger Internet Zeitung
„Bäckerstochter
im Parlament“ wäre ja mal eine Schlagzeile. Aber wer
interessiert sich heute noch für die Berufe von Abgeordneten?
Ist ja nur eine Frage. Wenn künftig Eine vom Backen kleinerer
Brötchen oder dem täglich Brot für alle spricht,
weiß sie, wovon sie redet: Monika Lazar ist Bäckerstochter
und gelernte Bäckerin. Sechs Jahre lang hat sie in der elterlichen
Bäckerei in Markkleeberg mitgearbeitet. Am Dienstagabend hat
sie ihr eigenes Büro eröffnet: seit dem 1. Januar ist
sie Mitglied des Bundestages.
Die 37jährige Markkleebergerin ist für die
sächsische Grünen-Abgeordnete Antje Hermenau ins Parlament
nachgerückt, nachdem sie in den Bundestagswahlen 1998 und 2002
schon als Direktkandidatin im Leipziger Land angetreten war. Die
Direktmandate für Bündnis 90/Die Grünen eroberten
2002 besagte Antje Hermenau und Peter Hettlich, der für Torgau-Oschatz
ins Rennen ging und ein Regionalbüro auch in Leipzig unterhielt.
Abgeordnete kleiner Parteien müssen immer ein klein wenig mehr
machen, um die Stärke der Großen wettzumachen.
Jetzt übernimmt Monika Lazar den Leipziger Part
mit und wählte dazu einen historischen Ort: das Haus der Demokratie,
wo Bündnis ‘90 vor 15 Jahren startete, um in Leipzig
endlich wieder Vielfalt in die Politik zu bringen. Noch heute ist
das Haus Heimstatt für engagierte Leipziger, die ihre Verantwortung
nicht an der Wahlurne abgeben. Der Ökolöwe ist hier zu
Hause. Und die Frauenbibliothek MonaLiesa, die im Februar ihren
15. Geburtstag feierte, nachdem die Existenz der Bibliothek im Vorjahr
wieder einmal in Frage stand. Der Eiertanz um die Fördermittel
macht auch diesem Projekt das Leben schwer. Also ließ Monika
Lazar unter Freunden und Gästen verbreiten: Ich will keine
Geschenke zum Einzug. Spendet lieber Geld für MonaLiesa!
Es sind die kleinen Dinge, mit denen man sich einbringen kann. Etwa
beim Kampf um Heuersdorf, der Monika Lazar am Herzen liegt, egal,
wie aussichtslos das Ringen scheint um den Erhalt des Dorfes. Wer
nicht kämpft, hat schon verloren, ist einer der Sprüche,
der bei Leipzigs „Bürgerbewegten“ immer wieder
zu hören ist. Auch wenn Monika eigentlich Markkleebergerin
ist. In der Großen Kreisstadt saß sie fünf Jahre
lang für Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat. Die kleine
Politik kennt sie also auch. Und in die große fitzt sie sich
seit dem 1. Januar hinein.
Bis zum letzten Tag des Jahres 2004 hatte sie noch für ein
Leipziger Kulturmagazin gearbeitet. Aber in Berlin wird jede Frau
gebraucht. Besonders, seit Antje Hermenau nach dem Wiedereinzug
in den sächsischen Landtag nun in Dresden agiert. „Aber
ich bin nicht in ihre Aufgabenfelder eingestiegen“, sagt Monika
Lazar. „Das hätte nicht funktioniert. Das haben andere
übernommen. Dafür kümmere ich mich um die Felder,
auf denen ich mich auskenne.“
Sie ist Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung,
stellvertretendes Mitglied in zwei weiteren. Besonders aber engagiert
sie sich in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, der
eben - auch wenn die NPD im sächsischen Landtag sitzt - nicht
nur ostdeutsches Problem ist. Sie verlässt sich dabei nicht
auf gängige Sprüche, sondern kann mit Untersuchungen argumentieren,
die das Phänomen tatsächlich beleuchten. Dass da „Verharmlosung
und Problemverschleppung, entpolitisierte Bildungsinhalte an Schulen
und Ausbildungsstätten“ als gesellschaftliche Versäumnisse
zu Buche stehen, könnte ja Grundlage einer echten Diskussion
werden.
Ohne Courage und Engagement funktioniert Demokratie eben nicht.
Wer am Ofen hocken bleibt, ändert gar nichts. Diese Bäckerstochter
wirbelt jetzt in Berlin, hat auch ihre erste Rede vor dem hohen
Haus schon - mit Zittern und doch erfolgreich - überstanden.
„Aber mein schönstes Büro habe ich jetzt in Leipzig“,
sagt sie.
Info: www.monika-lazar.de
derzeit nachzulesen unter: www.lizzy-online.de
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