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Leipziger Volkszeitung, 29.05.2006
"Was kann an Liebe schon falsch sein?"
Leipziger Christopher Street Day geht mit Demo-Zug durch die City zuende
Enttäuschung am Straßenrand: "Mensch, in Berlin ist der CSD viel viel bunter
und schriller", moniert Zuschauerin Marie Berg (27), als der City-Umzug der
Leipziger Lesben und Schwulen am Sonnabend den Abschluss des hiesigen
Christopher Street Day (CSD) 2006 krönt. Unter den 500 Teilnehmern bringt
die bei solch Anlass in der Hauptstadt zur Schau getragene Partylaune und
Lebensfreude eigentlich nur ein Pärchen per Paradiesvogel-Outfit zum
Ausdruck. Alle anderen - zumeist der jüngeren Generation angehörend - kommen
in Jeans und Shirts daher. Teils haben sie Kunstblumenketten umhängen,
Regenbogenflaggen und Luftballons dabei. Mit Musik und Trillerpfeifen
verschaffen sie sich hingegen lautstark Gehör. Die Leipziger Paradefreunde
sehen die Sache etwas ernster als die Berliner.
"Wir sind hier, weil in diesem Land noch viele Forderungen unerfüllt sind,
um wirklich gleichberechtigt leben zu können", sagen Andreas-Michael (46)
und Klaus (50). "Wir möchten allen zeigen, dass wir Menschen wie du und ich
sind und die Mehrzahl keines der gängigen Klischees bedient", ergänzt Marco
(39). "Es gibt nicht nur den schwulen Friseur und Kellner. Auch Handwerker,
Maurer - unter allen Berufsgruppen eben", ergänzt Lebenspartner Matthias
(47). Er zum Beispiel sei Klavierbauer, sein Freund Redakteur in einem
Verlag. Und Studentin Katharina Rotha (24) nebst Partnerin Katarzyna Kausa
(21) erklären simpel: "Uns geht es um die Toleranz in der Gesellschaft. Und
was kann schließlich an Liebe schon falsch sein."
Eine Botschaft, die letztlich bei den Passanten in der City positiv ankommt.
Etwa bei TV-Moderator Peter Escher. Als Freiluftcafé-Besucher ruft er den
von der LVZ im Peterssteinweg gestarteten, via Thomaskirche gen Markt
ziehenden Umzüglern ermunternde Worte zu. Auch Politiker wie
Europaparlamentarierin Gisela Kallenbach (Bündnisgrüne) bekunden ihren
Beistand. Die Bundestagsabgeordneten Monika Lazar (Bündnisgrüne) und Barbara
Höll (Linkspartei) sagen in kurzen Ansprachen zu, gegen Unzulänglichkeiten
beim Lebenspartnerschaftsgesetz, im Steuer-, Adoptions- und Passgesetz
weiter zu streiten, weil da sexuell anders orientierte Menschen noch
benachteiligt werden. Und Gernot Borris vom SPD-Landesvorstand will der
Stadt auf die Finger schauen, die in puncto Familienfreundlichkeit "nicht
schematisch" vorgehen dürfe. Schließlich seien auch Homosexuelle Eltern.
FDP-Europaabgeordneter Holger Krahmer versichert, sich gegen die
Unterdrückung Homosexueller im EU-Land Polen stark zu machen, auf deren
schwierige Lage dieser CSD hinwies. Dessen Sprecher Dirk Bockelmann ruft
denn auch die Demonstranten auf, Solidarität mit den polnischen Gefährten zu
zeigen und zu deren CSD-Demo am 10. Juni nach Warschau zu reisen.
Auf dem Augustusplatz findet der dreistündige Umzug Samstag dann sein Ende.
Insgesamt wurden laut Veranstalter beim CSD 2006 in Leipzig, der eine Woche
lang unter dem Motto "Liebe Deine Nächsten" zu kulturellen, politischen und
informativen Veranstaltungen einlud, 5000 Besucher gezählt. Im Vorjahr waren
es 2000. Sprecher Bockelmann wertet es diesmal als besonderen Erfolg, dass
erstmals am Rathaus das Symbol, die Regenbogenfahne, gehisst werden durfte -
wenn auch nur am Hintereingang (die LVZ berichtete). Aber: "Wir können
sagen, dass die Stadt Leipzig gerade durch dieses Bekenntnis eine Art
Coming-out durchlebt. Das ist aber noch mit vielen Selbstzweifeln behaftet,
vor allem in dem Punkt, wie öffentlich denn nun die Unterstützung für
Lesben, Schwule und Transgender ausfallen darf", so Bockelmann. Angelika
Raulien
Die Demo durch die City krönt den Abschluss des Leipziger Christopher Street
Day '06. Den Zug führen Politiker von SPD, Linkspartei, Bündnisgrünen und
FDP mit an.
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