Monika Lazar, Wissenschaft und Forschung
16. März 2005
Vizepräsident Dr. Norbert Lammert:
Das Wort hat die Kollegin Monika Lazar, Bündnis
90/ Die Grünen.
Monika Lazar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Obwohl ich diesem Hohen Hause noch nicht sehr lange angehöre,
nehme ich schon zum wiederholten Mal an einer Debatte teil, in der
es um Forschung in Deutschland geht. Auf den ersten Blick ist das
ein gutes Zeichen, weil es deutlich macht, dass diesem Haus das
Thema am Herzen liegt.
Auf den zweiten Blick aber ist es ein schlechtes Zeichen.
Wir müssen immer wieder über dasselbe reden. Denn wir
kommen nicht voran; wir drehen uns vielmehr im Kreis und verlieren
deswegen wertvolle Zeit,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
bei der SPD)
und das alles, weil ein paar mächtige Ministerpräsidenten
von CDU und CSU nicht wollen, dass Forschung und Lehre in Deutschland
vorankommen.
Seit mehr als einem Jahr diskutieren Bund und Länder
über den Pakt für Forschung und Innovation sowie die Exzellenzinitiative
für die Hochschulen. Seit fast einem Jahr sind sich diejenigen,
die in Bund und Ländern dafür zuständig sind, einig,
wie der Pakt für Forschung und Innovation aussehen soll, damit
die Forschungseinrichtungen mehr Mittel haben und bessere Bedingungen
vorfinden. Ebenfalls seit fast einem Jahr wird nun dieser gemeinsam
beschlossene Pakt von einigen Ministerpräsidenten von CDU und
CSU aus den bekannten sachfremden Gründen blockiert, und das,
obwohl die Fachministerinnen und -minister den Pakt für Forschung
und Innovation im November letzten Jahres gebilligt haben.
(Jörg Tauss [SPD]: Wohlgemerkt, im November!)
Am letzten Freitag haben nun die Wissenschaftsministerinnen
und -minister im Rahmen der Kultusministerkonferenz die Ministerpräsidenten
öffentlich gebeten, "die zeitnahe Umsetzung der in der
Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung
beratenen Programme zur Förderung der außeruniversitären
und der universitären Forschung zu ermöglichen".
Dem ist wohl nichts hinzuzufügen außer: Es wird allerhöchste
Zeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
bei Abgeordneten der SPD)
Nun zur Exzellenzinitiative: Auch hier gab es eine
Einigung der Fachministerinnen und -minister. Diese hielt aber nur
so lange, bis die Ministerpräsidenten von CDU und CSU das ausgearbeitete
Konzept zum Faustpfand für die Föderalismusreform machten.
Seitdem tingeln sowohl die Wissenschaftsminister Baden-Württembergs
und Bayerns als auch die Unionsbundestagsfraktion mit der Idee der
Vollkostenfinanzierung der Hochschulforschung durch die Lande. Das
ist zwar eine charmante Idee, die auf einer zutreffenden Analyse
der Situation beruht. Doch wer heute an einem Universitätsinstitut
viele Drittmittel einwirbt, macht sich entweder arm oder bei Kolleginnen
und Kollegen unbeliebt, weil die Drittmittel nicht alle Kosten abdecken.
(Dr. Christoph Bergner [CDU/CSU]: Genau das ist das
Problem!)
Wie ernst kann aber der Vorschlag gemeint sein, dass
Bundesmittel über die DFG an die Hochschulen fließen
und dort für die Grundausstattung verwendet werden sollen,
wenn Herr Koch vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagt -
er will eine einstweilige Anordnung erreichen, um "im Kernbereich
der Hochschulpolitik Entscheidungskompetenzen des Landes zu schützen"
-, dass Bundesmittel zur Förderung eines Kompetenzzentrums
bei der Hochschulrektorenkonferenz eingesetzt werden? Ist es nicht
so, dass nur eine dieser beiden Haltungen möglich ist, weil
sie sich im Kern zutiefst widersprechen? Wie redlich ist der Vorschlag,
wenn zum Beispiel im Antrag der Unionsbundestagsfraktion zur Vollkostenfinanzierung
von den Landesmitteln, die für die Exzellenzinitiative eingeplant
waren, gar nicht mehr die Rede ist? Das scheint sich ja nun gebessert
zu haben. In der BLK-Version des Vorschlages tauchen diese Mittel
immerhin wieder auf. Das ist eine Grundlage, auf der Bund und Länder
weiter verhandeln können.
Was dürfen wir aber nun von der neuen Arbeitsgruppe
der Bund/Länder-Kommission erwarten? Inhaltlich kann ich Ihnen
sagen, dass es uns Bündnisgrünen ein wichtiges Anliegen
ist, die Nachwuchsförderung entscheidend zu verbessern. Hier
sind Exzellenz, aber auch das Überwinden enger Disziplingrenzen,
die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und natürlich
die Internationalität wichtig. Die Exzellenzcluster sind uns
ebenfalls sehr wichtig. Um in Forschung und Lehre erfolgreich zu
sein, brauchen wir Konzepte, Instrumente und Strukturen zur Vernetzung
von Disziplinen und zur Herstellung universitätsübergreifender
oder außeruniversitärer Kooperationen.
Formell kann ich Ihnen sagen, dass Sie, werte Kolleginnen
und Kollegen von der Unionsfraktion, Ihr ganzes Gewicht in die parteiinterne
Waagschale werfen sollten, damit in der Arbeitsgruppe diejenigen
sitzen, die nicht nur sachkundig verhandeln, sondern auch nachher
dafür geradestehen, dass ein Verhandlungsergebnis Wirklichkeit
wird.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Eine Fortsetzung der Spirale der Verhandlungskunst,
die einen zweiten oder sogar einen dritten Plan gebiert, der dann
auch nicht geht, haben die deutschen Hochschulen wirklich nicht
verdient.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie
bei Abgeordneten der SPD)
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