28.09.2006

Persönliche Erklärung gemäß § 31 GO-BT
zur Abstimmung des Deutschen Bundestages am 28. September 2006 über den Antrag der Bundesregierung „Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan unter Führung der NATO auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002, 1444 (2002) vom 27. November 2002, 1510 (2003) vom 13. Oktober 2003, 1563 (2004) vom 17. September 2004, 1623(2005) vom 13. September 2005 und 1707 (2006) vom 12. September 2006 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen“ (Drucksache 16/2573)

Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir ab.

Die Sicherheitslage in Afghanistan entwickelt sich zunehmend katastrophal.
Die Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe ISAF sollte den zivilen Wiederaufbau rund um Kabul schützen und die Abhaltung von Wahlen ermöglichen. Der ISAF-Einsatz wird auf immer weitere Landesteile ausgedehnt. Eine Trennung zwischen der Schutzfunktion von ISAF und den fortgesetzten und erheblich intensivierten Kampfeinsätzen durch die Operation Enduring Freedom (OEF) kann nicht durchgehalten werden. Immer stärker werden ISAF-Einsätze in Kampfhandlungen verwickelt, die Bevölkerung erlebt den zivilen Aufbau als verzahnt mit Kampfeinsätzen und deren Zielsetzungen. Besonders im Süden und Osten des Landes wird auch von den beteiligten Staaten eine Zusammenführung von ISAF und OEF gewünscht und de facto praktiziert.

Die Konflikte in allen Landesteilen eskalieren dramatisch, die Zahl der täglichen Opfer ist inzwischen vergleichbar derjenigen im Irak. Statt eines Wiederaufbaues findet ein Übergang der Konflikte in einen regelrechten Krieg besonders im Süden des Landes statt. Die Masse der Bauern ist weiterhin auf Mohnanbau als einzige Einkommensquelle angewiesen. Der Krieg gegen den Drogenanbau treibt die Bevölkerung Warlords und Taliban in die Arme. Die Einheiten der Bundeswehr sind zunehmend in die Eskalation einbezogen und werden nicht als Teil eines Wiederaufbauprogramms, sondern als Teil einer Kriegsführung wahrgenommen. Auch Soldaten von ISAF werden mehr und mehr als Besatzungstruppen gesehen, vor allem südlich von Kabul.

Eine Fortsetzung des bisherigen Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan ist nicht verantwortbar; eine - dringend gebotene - Ausstiegsstrategie enthält der Antrag nicht.

Den Antrag der Bundesregierung lehnen wir daher ab.

Winfried Hermann
Hans-Christian Ströbele
Monika Lazar
Peter Hettlich

und weitere Abgeordnete der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen

 

 

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