Onlinetagebuch zur INFOTOUR

Eindrücke Monika Lazars während der Tour zu Initiativen gegen Rechtsextremismus in den neuen Bundesländern.

Tag 1 - in Sachsen-Anhalt

Der 1. Tag meiner Infotour führt mich am 11.04.2006 nach Sachsen-Anhalt mit den Stationen Halberstadt und Quedlinburg.

Am Morgen starte ich gemeinsam mit Maren Lange (Büro Halle von Gisela Kallenbach, MdEP) und Sebastian Striegel (Landesvorstand Sachsen-Anhalt). 11.30 Uhr haben wir den ersten Termin in Halberstadt beim Landrat Henning Rühe (parteilos). Dort sprechen wir zuerst über die Ereignisse rund um das abgesagte Konzert von Konstantin Wecker am 8.3.. Herr Rühe stellte uns seine Sichtweise vor: Man hätte sich schon am 9.2. im Landratsamt verständigt, nach der Intervention des NPD-Kreisverbandes das Konzert nicht in der Schule stattfinden zu lassen. Es wurde ein Ausweichsauftrittsort gesucht, der aber so kurzfristig nicht gefunden wurde. Er befürchtete, dass die NPD sich in öffentliche Gebäude einklagen würden und das wollte er natürlich nicht. [Pressebericht zum Besuch bei Landrat Rühe hier lesen]

Seine Konsequenz ist, dass die Schule außer im Unterricht, kein Ort der politischen Auseinandersetzung sein soll. Diese Meinung traf auf unseren Widerspruch. Wir meinen, dass man sich nicht von Rechtsextremen im vorauseilenden Gehorsam einschränken lassen darf. Für uns ist die Schule selbstverständlich ein Ort der gesellschaftlichen und politischen Diskussion!

Beim Landrat Rühe             Beim Landrat Rühe
Bei Landrat Rühe

Nach diesem Gespräch ging es zum soziokulturellen Zentrum „Zora“. Dort warteten außer VertreterInnen des Vereins noch Roman Ronneberg von Miteinander e.V., Prof. Neugebauer vom Bürgerbündnis, Kristine und Burkhardt Paul vom grünen Kreisverband auf uns. Zuerst stellte sich die „Zora“ vor. Danach sprachen wir über die von der NPD angemeldeten Demonstration am 22.4. und den Gegenaktivitäten. Es existiert schon ein breites „Bürgerbündnis für ein gewaltfreies Halberstadt“, was zu Friedensgebet, Demonstration und Kundgebung in der Altstadt aufgerufen hat.

Bei Zora        Bei Zora
Vorm Soziokulturellen Zentrum ZORA

Mit diesen ausführlichen Informationen machten wir uns auf den Weg zur Polizeipräsidentin Frau Marschalk. Das Hauptthema war auch hier die bevorstehende Demonstration. Frau Marschalk berichtete sehr offen von den Vorbereitungen für diesen Tag. Sie berichtete auch von der Arbeit gegen die bestehenden Kameradschaften im Umfeld des Harzes und das die Polizei verstärkt rechtsextreme Delikte aufklären konnte. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Präventionsarbeit. Seit 2000 läuft das Projekt „Buntes Licht auf braune Schatten“ sehr erfolgreich vor allem an Schulen.

  
Mit Polizeipräsidentin Frau Marschalk im Gespräch

Als nächstes fuhren wir nach Quedlinburg, um dort den Dachverein des Kulturzentrums „Reichenstraße“ zu besuchen. Zuerst gab es eine kurze Führung durch das Haus. Wir waren von der Fülle der Angebote beeindruckt: Es gibt neben einem Café und einem Veranstaltungsbereich noch ein kleines Kino, ein Tonstudio, ein Fotoatelier und eine Bibliothek für Gleichstellung und gleichgeschlechtliche Lebensweisen.

Reichenstraße          Reichenstraße

Nach der Hausführung fanden wir uns zu einem Roundtable-Gespräch zusammen. Es nahmen verschiedene Leute von der „Reichenstraße“, je eine VertreterIn von der Polizeidirektion Halberstadt, Jugendamt des Landkreises Quedlinburg, Mobile Opferberatung und eine engagierte Direktorin eines Berufsschulzentrums teil. In diesem Gespräch stellte sich heraus, dass es noch viel Abstimmungsbedarf zwischen Schulen, Kreisverwaltung und Polizei gibt, um bereits existierende Präventionsprojekte bekannt zu machen. Von mehreren TeilnehmerInnen wurde festgestellt, dass es vor allem an sozialer Bildung mangelt und diese ausreichend und nachhaltig finanziert werden muss. Das Ansehen der sozialen Bildung ist gering und Ergebnisse lassen sich schlecht in Zahlen ausdrücken.

  
Roundtable-Gespräch mit Vertretern der "Reichenstraße", der Polizeidirektion Halberstadt, des Jugendamtes des Landkreises Quedlinburg, der Mobilen Opferberatung und einer engagierten Direktorin eines Berufsschulzentrums

Es wurde von den Beteiligten ein Landesprogramm gegen Rechtsextremismus gefordert, das immer noch nicht existiert. Ich informierte zu den bundespolitischen Entwicklungen der Rechtsextremismusprogramme, besonders zur Zukunft von „Civitas“. Zum Schluss wurden noch Informationen ausgetauscht.

Nach einem Tag voller Eindrücke machten wir uns auf die Heimreise.
Ich kann sagen, dass ich von den zivilgesellschaftlichen Aktivitäten beeindruckt bin und das es doch viele Engagierte vor Ort gibt. Ich hoffe, dass ich diese Leute mit meinem Besuch unterstützen konnte.

[Lesen Sie zu den anderen Tagen: Onlinetagebuch - Übersicht]

Weitere Links:
[Pressemeldungen: ddp-Meldung Landesdienst Sachsen-Anhalt 11.04.2006]

[Sehen Sie hier noch einige Fotos aus den Gesprächen.]

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