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Newsletter 1/ 2006
Mit grünem Schwung ins neue Jahr
Die 16. Wahlperiode hat nun richtig begonnen, alle parlamentarischen Vorgänge laufen wieder regulär. Bündnis 90/Die Grünen fingen das neue Jahr 2006 mit der traditionellen Wörlitz-Klausur an.
Fraktionsklausur in Wörlitz
Unser „politisches Jahr“ begann am 11. Januar in Wörlitz. Dort trafen sich die Mitglieder der grünen Bundestagsfraktion zu Austausch und Positionsbestimmung. Im Mittelpunkt standen die Europa-, Wirtschafts- und Integrationspolitik. Fragen wie: Welches Europa wollen wir? bestimmten den ersten Klausurtag. Es wurden insbesondere der weitere Verfassungsprozess, die Lissabon-Strategie und die soziale Integration diskutiert. Dazu war der EU-Kommissar Günter Verheugen zu Gast. Am zweiten Tag dachten wir gemeinsam über die Leitlinien künftiger grüner Wirtschaftspolitik sowie über normative und materielle Grundlagen der Integrationspolitik nach.
Untersuchungsausschuss zum BND
Wie so oft in der Politik folgte nicht gleich die Beschäftigung mit den in Wörlitz besprochenen Inhalten, denn ein anderes Thema von großem Medieninteresse dominierte zunächst alle Debatten: die BND-Verhöre im Irak.Im Zusammenhang damit wurde auch über die US-Geheimflüge, die Entführung des deutschen Staatsbürgers El-Masri oder Besuche deutscher Sicherheitsbeamter in Syrien und Guantanamo gesprochen. Solche Vorfälle werfen zu Recht die Frage auf, ob und wie rechtsstaatliche Grenzen im Kampf gegen den Terrorismus überschritten wurden. Am 17. Januar beschloss die Fraktion mit einer Gegenstimme (der von Joschka Fischer) die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses (hier zu lesen). Den vorgetragenen Vorwürfen einer direkten Beteiligung Deutschlands am Irakkrieg kann nur durch Offenlegung der Fakten begegnet werden. Diese Klärung ist wichtig, weil Vertreter von Regierung und Oppositonsfraktionen versuchen, die rot-grüne Friedenspolitik nachträglich zu diskreditieren. Allerdings folgte dann erst einmal eine Phase der Uneinigkeit. Die Frage war: Ist eine umfassende Aufklärung nur durch einen Untersuchungsausschuss oder auch mit anderen parlamentarischen Instrumenten zu erreichen? Das wurde strittig diskutiert und von Tag zu Tag unterschiedlich beantwortet. Nach Vorlage des Regierungsberichtes zur BND-Affäre entschieden die grüne Partei- und Fraktionsspitze am 24. Februar, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss Aufklärung bringen soll. Im März wurde die Einsetzung eines solchen Ausschusses offiziell beschlossen. Ihm gehören sieben Mitglieder an. Die drei Oppositionsfraktionen stellen je ein Mitglied. Grüner Vertreter ist Hans-Christian Ströbele. Der Untersuchungsauftrag umfasst in der vorläufigen Endfassung knapp 30 Punkte zu fünf Themenkomplexen
[ Zusammenfassung hier zu lesen].
Grüne Integrationspolitik
Die Diskussion über grüne Standpunkte in der Integrationspolitik wurde fortgeführt. Der zuständige Arbeitskreis 3 (Innen-, Rechts- und Gesellschaftspolitik) der Bundestagsfraktion veranstaltete dazu eine Klausur. Dort wurde eine neue Diskussionsform erprobt. Abgeordnete und Mitarbeiter tauschten sich über ihre Positionen aus und tauschten nach einem festgelegten Zeitplan immer wieder die Tische, so dass möglichst viele verschiedene Personen miteinander ins Gespräch kommen konnten. Im Ergebnis entstand ein breites Meinungsbild. Daraus entstehen soll ein gemeinsames Integrationspapier für die gesamte Fraktion, an dem der AK3 derzeit arbeitet.
Rechtsextremismus-Bekämpfung – im Bundeshaushalt
Natürlich lässt uns das Thema Rechtsextremismus, für das ich mich besonders stark interessiere, nicht los. Momentan richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Haushaltsberatungen. Die Regierung strebt erhebliche Veränderungen bei den erfolgreichen Rechtsextremismus-Programmen des Bundes an. Die Förderinhalte sollen künftig um Linksextremismus und Islamismus erweitert werden. Da aber die Fördersumme gleich bleibt bzw. in den kommenden Jahren sogar sinkt, wäre dies de facto eine einschneidende Mittelkürzung für zivilgesellschaftliche Initiativen. Viele Erfolgsprojekte gegen Rechtsextremismus müssten ihre Arbeit einstellen. Das ist nicht zu verantworten. Außerdem dürfen Links- und Rechtsextremismus nicht gleichgesetzt werden. Organisationsgrad und undemokratisches Gefahrenpotential neonazistischer Strukturen sind viel höher. Linksextremistische Aktionen finden allenfalls vereinzelt statt. Eine Gleichsetzung beider Strömungen verharmlost die neonazistischen Gefahren. Bündnis 90/Die Grünen werden weiterhin entschieden für das Fortbestehen der Programme gegen Rechtsextremismus eintreten und sich um Verstetigung bemühen.
Rechtsextremismus-Bekämpfung – Veranstaltungen
Um inhaltliche und finanzielle Probleme mit Rechtsextremismus stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken, folgte ich am 22.3. einer Einladung des Fernsehsenders GIGA. Dort wird täglich zwischen 15.30 und 16 Uhr eine politische Sendung zu einem aktuellen Thema angeboten. Ich sprach mit zwei jungen ModeratorInnen, einer Frau und einem Mann, über die aktuellen Entwicklungen im Bereich Rechtsextremismus, aber auch über die Nachwirkungen auf das abgesagte Konzert von Konstantin Wecker in Halberstadt.
Außerdem nahm ich an folgenden Veranstaltungen teil.
Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung
Die Friedrich-Ebert-Stiftung nimmt die Gefahr durch Neonazis ernst. Unter dem Titel „Auf dem Weg in die Mitte? Rechtsextreme Strategien für die Gewinnung gesellschaftlicher Akzeptanz“ veranstaltete sie am 28. Februar in Berlin eine Tagung. Dort wurde den ganzen Tag über hochbrisante Entwicklungen diskutiert, wie z.B. politische, sozio-ökonomische und kulturelle Rahmenbedingungen für rechtsextremes Agitationspotenzial oder kommunale Gegenstrategien. Gäste waren neben mir z.B. Prof. Dr. Roland Roth von der Hochschule Magdeburg-Stendal oder Petra Köpping, die Landrätin Leipziger Land. Diskutiert wurden unter anderem Vorstöße Rechtsextremer in die gesellschaftliche Mitte, die Widerspruchslosigkeit eines Großteils der Bevölkerung oder die wachsende Rolle neonazistischer Kameradschaften.
Journalistenweiterbildung
Vom 28. Februar bis zum 3. März fanden in Berlin die „Infotage: Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus – aktuelle Analysen und Beobachtungen“ statt. Es handelte sich um eine Initiative zur Fortbildung von ARD- und ZDF-Mitarbeiterinnen. Bestandteil der Infotage war eine Veranstaltung am 1. März mit dem Thema „Rechtsextremismus im Bundestag – Perspektiven und Projekte der Parteien“, zu der ich als Vortragende eingeladen war. Es nahmen interessierte Journalisten teil. Ich empfand diesen Austausch als sehr wichtig, da gerade den Medien eine herausragende Bedeutung in der Aufklärung gegen Rechtsextremismus zukommt. Journalisten tragen Verantwortung dafür, was Menschen erfahren und wie sie Informationen bewerten.
Im Beirat des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Für das "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt" (BfDT) wurde ich in den Beirat gewählt. Das BfDT bündelt Kräfte, die sich gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus stellen. Eine finanzielle Förderung erhält es durch das Bundesministerium des Inneren. Es wurde im Jahr 2000 am 23. Mai - dem Tag des Grundgesetzes - gegründet. Seine Ziele sind Dokumentation, Beratung, Beteiligung an Aufklärungskampagnen sowie Vernetzung zwischen engagierten Gruppen. Obwohl das BfDT durch eine Initiative des Deutschen Bundestages entstanden ist, gehören ihm nicht nur Personen aus allen im Bundestag vertretenen Parteien, sondern auch aus den Kirchen, aus Nicht-Regierungsorganisationen und aus der Wissenschaft an. Jedes Jahr am 23. Mai lädt das Bündnis zu Diskussionsforen und Festveranstaltungen ein. Mit Vorträgen, Workshops, Musik, Dokumentation und Auszeichnung herausragender Initiativen wird die Arbeit des vergangenen Jahres präsentiert [weitere Infos siehe www.buendnis-toleranz.de].
Seitdem ich Mitglied des Beirats bin, nahm ich an zwei Sitzungen teil, die am 13.2 und am 13.3. in Berlin stattfanden. Dabei gab es zwei inhaltliche Schwerpunkte:
Erstens: Die Zukunft der finanziellen Förderstruktur soll sich unter der neuen Regierung auch im BMI ändern. Ebenso wie bei den Civitas-Programmen gegen Rechtsextremismus will man sich stärker dem Linksextremismus und dem radikalen Islamismus widmen.
Zweitens: Die Veranstaltungen um den 23. Mai wurden geplant. Dazu gab es z.B. Berichte über den Stand der organisatorischen Vorbereitungen, Beschlussfassungen über Ehrenpreise im Wettbewerb 2005 und Diskussionen über das neue Homepage-Konzept.
Grüne Aktuelle Stunde zu Rechtsextremismus
Eigentlich war am 8. März ein Konzert des Liedermachers Konstantin Wecker in Halberstadt geplant. Es sollte unter dem Motto „Nazis raus aus dieser Stadt“ stehen. Auf Druck der NPD vor Ort sagte die Kreisverwaltung Halberstadt das geplante Konzert ab. Mich hat die Tatsache, dass Rechtsextremisten ein Konzert, dessen Motto ihnen nicht passt, verhindern können, erschüttert. Die der Presse entnommenen Gründe des Landratsamtes erschienen mir nicht fundiert. Es handelte sich nicht um eine kommerzielle Veranstaltung und hätte somit auch in öffentlichen Schulen stattfinden dürfen. Rechtsextreme Konzerte dürfen in jedem Fall untersagt werden, wenn die Gefahr der Volksverhetzung und Gewalt besteht. Zudem entstand bei mir der Eindruck, dass man vor allem fürchtete, die NPD würde ihre indirekten Androhungen von Randale wahr machen. Das Vorgehen dieser neonazistischen Vereinigung zeigt eindeutig deren Verachtung unserer demokratischen Grundordnung, die sie für ihre Zwecke zu missbrauchen versucht. Aus Anlass dieses Vorfalls beantragten Bündnis 90/Die Grünen eine Aktuelle Stunde. Sie fand am 15. März statt. Ich hielt dazu eine Rede [ siehe hier]. Ich wollte aber auch dem Landrat Gelegenheit zur Stellungnahme geben und vereinbarte mit ihm einen Gesprächstermin für den 11. April im Rahmen meiner geplanten Infotour zu Initiativen gegen Rechtsextremismus.
Besuch in Klosterbuch
Ich halte es für wichtig, dass PolitikerInnen sich immer wieder vor Ort begeben, um nicht an der Realität vorbei zu arbeiten. Aus diesem Grund besuchte ich auch Klosterbuch (bei Döbeln). Dort entwickelte sich in den vergangenen Monaten ein demokratisches Forum. Solche Aktivitäten möchte ich unterstützen. Einen ausführlichen Bericht über meinen Besuch hat mein Praktikant Michael Wallies, der mich auch begleitet hatte, verfasst. [ Lesen Sie hier].
Planung der Infotour zu Initiativen gegen Rechtsextremismus
Michael Wallies war mein erster Praktikant, seitdem ich im Bundestag tätig bin. Das Einbeziehen eines Praktikanten in meine politische Arbeit war für mich also ein Experiment. Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht und möchte in Zukunft hin und wieder Interessierten die Möglichkeit eines solchen Praktikums anbieten. Michael Wallies plante u.a. die Organisation meiner Infotour durch die neuen Länder, die im April und Mai stattfinden wird. Darüber können Sie dann im nächsten Newsletter lesen.
Monika Lazar, MdB
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