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Newsletter 4/ 2005
Neue Wahlperiode, neue Regierung, alte Hüte. Unsere Antwort: GRÜN PUR
Der Wahlkampf ist vorüber. Die Regierungsbildung läuft schleppend. Die parlamentarische Arbeit verzögert sich. So könnte man die ersten Wochen des vierten Quartals 2005 zusammenfassen. Dennoch hatte ich auch in diesem Vierteljahr eine interessante und arbeitsreiche Zeit.
Nazis weiterhin keine Chance!
Die Regierung hat sich geändert. Im Bundestag begegnet man neuen Gesichtern. Bündnis 90/Die Grünen sind in der Opposition. Aber eines ändert sich auch in der neuen Wahlperiode nicht: Wir geben Nazis keine Chance! Gleich am ersten Tag des neuen Quartals bekam ich Gelegenheit, diese Haltung deutlich zu vertreten. Neonazi-Führer Christian Worch hatte für den 1. Oktober eine rechtsextremistische Demonstration in Leipzig angemeldet. Ich halte es für unbedingt notwendig, ihm und seinen Kameraden immer wieder deutlich zu zeigen, dass sie in der Bevölkerung nicht auf Akzeptanz stoßen. Deshalb beteiligte ich mich an einer friedlichen Protestaktion. Durch eine Straßenblockade konnten wir die Neonazis am Weiterdemonstrieren hindern. Diesen Erfolg erzielten wir in guter Zusammenarbeit mit den Polizeikräften vor Ort sowie dem lokalen Radiosender „Radio Blau“. Besonders gefreut hat mich, dass es nicht, wie bei früheren Gelegenheiten, zu Eskalation und tätlichen Auseinandersetzungen kam. Das zeigt, dass die Vernetzung demokratischer Kräfte vor Ort sich auf einem guten Weg befindet.
Parlament im Ausnahmezustand
Durch die Neuwahl kam der parlamentarische Ablauf bereits Ende Juni zum Erliegen. Dieser Zustand dauerte mehrere Monate an. Ich fand es sehr unbefriedigend, dass Ideen nicht mehr umgesetzt werden konnten und viele Vorhaben im Sande verliefen. Kopfschüttelnd verfolgte ich die Querelen der Parteien, die versuchten, eine funktionsfähige Regierung zustande zu bringen. Angela Merkel wurde zur Vorkämpferin der Frauen hochstilisiert, Edmund Stoiber outete sich als entscheidungsunfähig, Guido Westerwelle hielt erst Lobreden auf die Union und wechselte später zu Schmähreden. Mit anderen Worten: Die Wahlkampf-Show schien kein Ende zu nehmen. Die Beamten in den Ministerien „regierten“ inzwischen stellvertretend das Land.
GRÜN PUR – mit Elan in die neue Wahlperiode
Seit der Bundestagswahl 2005 arbeiten wir Bündnisgrünen in der parlamentarischen Opposition. Dort besitzen wir keine unmittelbare gesetzgeberische Macht. Dafür erfahren Bürgerinnen und Bürger aber ganz unverfälscht, sozusagen grün pur, was wir denken und für unser Land wollen. In dieser neuen Rolle sehe ich zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn wir Missstände öffentlich thematisieren, zwingt das auch die Regierung zu konstruktiver Auseinandersetzung. Somit können wir indirekt doch viel bewirken und auch auf Meinungsbildung und Gesetzgebung erheblichen Einfluss ausüben. Dieser Herausforderung sehe ich mit Spannung entgegen.
Neuorganisation bei den Bündnisgrünen
Zunächst organisierte sich unsere Fraktion neu. Einige KollegInnen verabschiedeten sich aus der Bundespolitik, andere kamen hinzu. Arbeitsräume wurden neu vergeben, Möbel bestellt, Wohnungen getauscht. Auch meine beiden Mitarbeiterinnen und ich zogen in andere Büros um. Da ich mit dem zweiten sächsischen Abgeordneten, Peter Hettlich, eine Bürogemeinschaft bilde, wurden wir wieder „Nachbarn“. Die kurzen Wege unterstützen unsere gute Zusammenarbeit zusätzlich. Nicht nur die Zimmernummern, auch die Arbeitsgebiete änderten sich. An der Fraktionsspitze stehen nun Renate Künast und Fritz Kuhn.
Meine Arbeitsfelder
Rechtsextremismus bleibt ein gesellschaftliches Problem, gegen das wir vorgehen müssen. Auch in dieser Wahlperiode werde ich dazu meinen Beitrag leisten. Die Bündnisgrünen im Bundestag stehen hinter mir und haben mich zu ihrer „Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus“ gewählt. Außerdem entschied ich mich für eine Mitarbeit im Petitionsausschuss. Ich nehme die Vorschläge, Sorgen und Probleme der BürgerInnen ernst und bin an einer engen Zusammenarbeit mit der Bevölkerung interessiert. Petitionen bieten den Menschen die Möglichkeit zu einer demokratischen Beteiligung, die ich stärken möchte. Sie ist in meinen Augen auch eines der wichtigsten Mittel gegen Politikverdrossenheit, Mutlosigkeit und Hilfesuche in undemokratischen Organisationen. Als stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie im Innenausschuss kann ich solche Themen zusätzlich aus anderen Blickwinkeln untersuchen.
Oppositionsarbeit in der Praxis
Als erstes informierte ich mich darüber, welche Instrumente es gibt, um in der Opposition von der Regierung Informationen zu erhalten. Das Recht auf Antworten können die Abgeordneten durch Anfragen einfordern. Fragen werden von mehreren Abgeordneten schriftlich der Regierung übergeben, die darauf antworten muss. Wenn die Regierung ihre Antworten schriftlich gibt, handelt es sich um eine „Kleine Anfrage“. Eine Beratung im Bundestag findet nicht statt. Die Antworten können aber als Basis zur weiteren Bearbeitung eines Problembereiches dienen. Wollen die FragestellerInnen im Bundestag ausführlich über ein Thema diskutieren, stellen sie eine „Große Anfrage“. Dies geschieht dann in einer „Fragestunde“ im Bundestag. Durch Anfragen kann die Opposition Entscheidungen der Regierung kontrollieren und auf Probleme wirksam hinweisen. Ich war bereits an drei „Kleinen Anfragen“ an die Bundesregierung beteiligt. Über diese Aktivitäten informiere ich regelmäßig auf meiner homepage: www.monika-lazar.de.
Wort des Jahres: Bundeskanzlerin
Die Gesellschaft für Deutsche Sprache hat am 16. Dezember die prägendste Vokabel des Jahres bekannt gegeben: „Bundeskanzlerin“. Zu dieser wurde Angela Merkel am 22. November als erste Frau in Deutschland gewählt. Dies wäre ohne die jahrzehntelange Frauenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen nicht vorstellbar gewesen. Es zeigt, wie sehr grüne Ansätze mittlerweile in der Gesellschaft Fuß gefasst haben. Die Bundeskanzlerin führt nun die Große Koalition aus Union und SPD. Ihrem Kabinett gehören neben ihr acht SozialdemokratInnen, fünf CDU- und zwei CSU-Mitglieder an. Ich begrüße, dass eine Frau dieses Amt innehat, hätte mir aber eine Frau gewünscht, die mehr Gespür für die Probleme der Gleichstellung von Frauen und Kindern mitbringt. Viele Schwerpunkte der neuen Regierung erscheinen mir sehr „gewöhnungsbedürftig“. Die konservative, rückwärtsgewandte Haltung ist teilweise erschreckend, z.B. die Debatte über den Wiedereinstieg in die Atomenergie oder die Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.
Weihnachtszeit und Jahreswechsel
Als die Weihnachtspause begann, war ich froh, dieses turbulente Jahr gut überstanden zu haben. Ich dachte mir: Gut, dass man nicht im Voraus weiß, was einen alles erwartet. So kann man immer wieder neu starten, ohne gleich durch die Fülle der Aufgaben zu Boden zu gehen. Mein Jahreswechsel verlief erholsam. Ausgedehnte Spaziergänge, ein gutes Buch und das lange Ausschlafen gaben mir frische Kraft fürs neue Jahr. Ich hoffe, dass die neue Wahlperiode nun tatsächlich vier Jahre andauert und sich manche Überraschung nicht wiederholt. In diesem Sinne wünsche ich der neuen Regierung gutes Gelingen. Wir Bündnisgrünen werden alles dafür tun, um viele grüne Akzente auch unter schwarz-roter Flagge zu setzen.
Monika Lazar, MdB
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