Newsletter 3/ 2005

Kampf um ein gutes Wahlergebnis

Mein 3. Quartal als Bundestagsabgeordnete war geprägt von Aktivitäten im Wahlkampf. Als selbstbewusste Grüne wollten wir ein gutes Ergebnis erreichen.

Landesparteitag in Dresden
Am 2. Juli fand in Dresden eine bündnisgrüne Landesdelegierten-Konferenz statt. Die Landesliste von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen für die Bundestagswahl sollte aufgestellt werden. Ich konnte mich gegen meine Mitbewerberin Eva Jähnigen durchsetzen. 45 von 75 Delegierten wählten mich zur sächsischen Spitzenkandidatin. Ich freue mich über das Vertrauen der Delegierten und bin erleichtert, dass ich meine begonnene Arbeit im Bundestag fortsetzen darf. Der Bundestagsabgeordnete Peter Hettlich erhielt mit 61 von 74 abgegebenen Stimmen Platz 2. Wir wollen gemeinsam Wahlkampf machen, als bündnisgrünes Team. Insgesamt wurden 11 Listenplätze besetzt. Vor Beginn der Listenaufstellung hielt der grüne Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer eine Gastrede. Er verdeutlichte, dass wir in unserer 7-jährigen Regierungsbeteiligung gesellschaftliche Werte und Entwicklungen entscheidend beeinflusst haben in Bereichen wie Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern, ökologische Modernisierung, Stärkung der Rechte von Minderheiten und Verbraucherschutz. Die Delegierten beschlossen in einer politischen Erklärung das Ziel, bei dieser Wahl erneut zwei Bundestagsmandate zu erkämpfen. Eine Prognose über das gesamtdeutsche Wahlergebnis wagte auf dieser Konferenz keiner. Es wird bis zum Wahlsonntag spannend bleiben.

Wahlkampf-Auftakt mit Renate Künast
Am 9. August startete in Sachsen offiziell der grüne Wahlkampf. Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast sprach in Leipzig auf dem Nikolaikirchhof. VorrednerInnen waren die beiden MdB und sächsischen SpitzenkanditatInnen Peter Hettlich und ich. Rund 200 Interessierte hörten zu. Einige von ihnen störten die Veranstaltung mit starken Protesten gegen HARTZ IV. Wir bemühten uns, die Zwischenrufe zu übertönen, denn wir hatten gute bündnisgrüne Argumente vorzubringen. Es ist schließlich Tatsache, dass der Reformbedarf gerade in Ostdeutschland riesengroß ist und Investitionen in Bildung der Schlüssel zum Weg aus der Krise sind. Nach der Kundgebung gelang es, in persönlichen Gesprächen mit einzelnen Leuten Meinungen auszutauschen.

Wahlkampf mit Joschka
Bundesaußenminister Joschka Fischer besuchte am 16. August Dresden und Chemnitz. Vormittags besichtigten wir gemeinsam die Dresdner Frauenkirche und die Synagoge. Ich war von diesen Orten sehr beeindruckt. Am Abend ging es in Chemnitz weiter. Dort herrschte riesiger Andrang im Kulturkaufhaus Tietz. Alle wollten Joschka und seine grünen Botschaften hören. Der Veranstaltungs-raum war überfüllt. Viele mussten im Foyer warten. Also hielt Joschka Fischer seine Rede zweimal: einmal draußen und einmal drinnen. So etwas hatte auch unser Außenminister noch nicht erlebt! Ich war erfreut, dass so viele Menschen sich für grüne Politik interessieren. In seiner Rede brachte Joschka Fischer Kernpunkte grünen Denkens auf den Punkt: Mit dem Ost-West-Denken sei längst Schluss, das müsse auch Herr Stoiber begreifen, eine Rückkehr ins Atomzeitalter dürfe nicht erfolgen, die CDU hätte keinerlei brauchbare Konzepte zur Erhaltung des sozialen Gleichgewichts und des Umweltschutzes.

Mit Jürgen Trittin in Leipzig
Am 19. August traf Bundesumweltminister Jürgen Trittin in Leipzig ein und besichtigte dort die ehemalige Baumwollspinnerei. Jetzt ist darin ein Zentrum für KünsterInnen und extravagante UnternehmerInnen untergebracht. Diese gelungene Umgestaltung ist ein Beispiel für sächsischen Einfallsreichtum. Wo früher Produktionsmaschinen standen, findet man jetzt Ateliers, Galerien, eine Hutmacherei, ein Weinlager oder einen Fachhandel für ökologische Farben. Letzterer inspirierte Umweltminister Trittin zum ökologischen Fachsimpeln mit dem Inhaber. Später redeten Jürgen Trittin, Peter Hettlich und ich noch auf dem Nikolaikirchhof. Natürlich war unsere Wahlempfehlung klar und Trittin machte sie deutlich: Ohne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würde der Umweltschutz in Deutschland politisch oft viel zu kurz kommen.

Infostand in Hoyerswerda
Am 20. August fuhr ich nach Hoyerswerda. Dort stand ich mit Mitgliedern des grünen Kreisverbands an einem Infostand den Menschen für Fragen zur Verfügung. Danach unternahmen wir eine Bootsfahrt auf dem Geierswalder See im zukünftigen Lausitzer Seenland. Mit dabei waren der Bürgermeister von Geierswald, der Direktkandidat Jörg Stern und Jens Bitzka vom Kreisverband Kamenz. Trotz Regenschauer war dieser Tag eine angenehme Erfahrung im Wahlkampf.

Mit Claudia Roth in Pirna
Am 21. August war ich mit der Bundesvorsitzenden unserer Partei, Claudia Roth, in Pirna. Wir führten ein Gespräch mit dem CDU-Bürgermeister, der sich in seiner Stadt gegen den Rechtsextremismus in dieser Region engagiert. Pirna gehört zu den Gemeinden, in denen Rechtsextremismus ein besonders großes Problem darstellt. Seit Jahren gehen engagierte MitarbeiterInnen der Initiative „Zivilcourage Pirna“ dagegen vor. In einer Fußgängerzone führten wir mit VertreterInnen dieser Initiative und mit BürgerInnen Gespräche. Mir wurde einmal mehr deutlich, wie wichtig die Stärkung der Zivilgesellschaft mit ihren demokratischen Grundpfeilern ist.

Joschka bei uns in Leipzig
Eines der Highlights im sächsischen Wahlkampf war der Besuch von Joschka Fischer in Leipzig am 23. August. Der Augustusplatz war voll, etwa 1500 Menschen waren gekommen, um dem grünen Minister zu lauschen. Bei dieser Gelegenheit konnten mich als Vorrednerin auch gleich viele WählerInnen näher kennen lernen. Auch an diesem Abend gab es wieder einige Zwischenrufer, denen die rot-grüne Politik nicht gefiel. Zwar hatte der Außenminister schon eine ziemlich heisere Stimme vom Zurückrufen, aber durch seine originellen und kompetenten Argumente bekam er die Lage gut unter Kontrolle und fand Gehör.

Und der Wahlkampf läuft auf Hochtouren weiter…
Zum Ende der Schulferien waren meine restlichen Wochen bis zur Wahl voll durchgeplant. Es blieb für private Zeiten kein Spielraum mehr. Ich wollte so viele Menschen wie möglich mit grünen Gedanken erreichen. Dazu nahm ich an zahlreichen Wahlforen teil - von Erwerbslosenverband, DGB, Bürgerverein Dölitz, Kolpinggemeinde Dresden, VHS-Jugendwahlforum, Rosa Linde Leipzig, Thomaskirchgemeinde Leipzig. Fast täglich fuhr ich in eine andere Stadt. Hier eine kleine Auflistung:
2. September, Bautzen: Infostand mit dem Direktkandidaten Domenico Gruhn
3. September, Tharandt: Gast bei der Hochtour der Grünen Jugend
4. September, Weißwasser: Infostand zum „Tag der Sachsen“
5. September, Riesa: Gast bei der Hochtour der Grünen Jugend
9. September, Aue: am Infostand des Kreisverbandes
17. September, vormittags Görlitz: Infostand mit dem Direktkandidaten Dr. Joachim Schulze; nachmittags Leipzig: Infostand in der Innenstadt mit Mitgliedern des Kreisverbandes Leipzig

Mein Wahltag – der 18. September
Morgens ging ich in meinem Wohnort Leipzig zum Wahllokal. Was ich gewählt habe, kann sich sicher jeder denken. Danach hatte ich trotz Wahltag einen vollen Terminkalender. Zuerst fuhr ich nach Dresden in das Finanzministerium des Sächsischen Landtags. Dort erfuhr ich 18 Uhr das Wahlergebnis. Dass es keine Mehrheit für eine schwarz-gelbe Bundesregierung gibt, begrüße ich. So müssen die Konservativen im Dialog mit den Erneuerungskräften im Land bleiben.

Am Abend auf der Wahlparty des Kreisverbands Dresden im Kino Thalia feierten wir unser gutes grünes Ergebnis von 8,1 Prozent. Wir haben unser Ziel erreicht, wieder zwei Abgeordnete aus Sachsen nach Berlin zu schicken. Spät am Abend fuhr ich nach Leipzig zurück und besuchte noch meine MitstreiterInnen aus dem Kreisverband Leipzig im Froschcafé. Auch hier herrschte große Zufriedenheit über unser Wahlergebnis.

In Anbetracht des kurzen Wahlkampfes, der schwierigen Umbruchsituation im Land und des ursprünglich befürchteten miserablen Wahlergebnisses unseres Koalitionspartners SPD haben wir viel besser abgeschnitten, als mancher Schwarzmaler vorhergesagt hatte.

Aber auch die ersten taktischen Überlegungen wurden ausgetauscht. Ich ging davon aus, dass wir in die Opposition gehen und unter einer großen Koalition für unsere politischen Ziele weiterkämpfen werden. Mit Hoffnung sehen wir dem endgültigen Wahlergebnis entgegen, das erst durch die Nachwahl in Dresden am 2. Oktober feststehen wird. Wir wollen damit unser sächsisches Ergebnis noch verbessern. Für die engagierten grünen Sachsen läuft also der Wahlkampf noch ein wenig weiter.

Monika Lazar, MdB

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